URBANITÄT

Das oft beschworene „urbane Flair“ kommt nicht zustande durch eine Menge schöner und großer Häuser, sondern durch die vielfältigen Interaktionen einer Menge von Menschen.
Edgar Salin definiert „Urbanität“ als gesellschaftspolitische Kategorie: als das selbstbewusste und selbst bestimmte Handeln der Bürger zur Förderung ihres Gemeinwesens. Das Interesse und das Engagement gehen dabei weit über die eigene Wohnung hinaus.

Voraussetzung für Urbanität ist also eine Haltung: die Bereitschaft, Verantwortung für sein soziales und räumliches Umfeld nicht zu delegieren, sondern persönlich zu übernehmen. Je stärker und stabiler die Polaritäten zwischen Öffentlichkeit und Privatheit sowie die daraus entstehenden Wechselwirkungen sind, desto ausgeprägter ist nach Hans Paul Bahrdt das städtische Leben, die Urbanität. So definiert, kann eine spezifische Urbanität in unserer Zeit der vielfältigen Verflechtungen auch in der räumlich weniger dichten und bildhaften Vorstadt – oder auf dem Dorf entstehen.
Diese Verflechtungen haben aber auch die alten Polaritäten überwachsen, so dass die Überraschung, das Unvorhergesehene, das Fremde antizipiert und bewältigt werden muss: „Die Stadt ist eine Siedlungsform, die die Begegnung mit dem Fremden (Unvertrauten) wahrscheinlich macht“ (Richard Sennett).
Gerd Kähler spricht- im Zusammenhang mit dem ebenfalls schillernden Begriff „Baukultur“- von den identitätsbildenden und –erhaltenden Prozessen einer Stadt.
Hohe Dichte ist ein, vielleicht das räumliche und soziale Merkmal von Städten. Diese Dichte der Stadt ist heterogen und enthält zwangsläufig eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen. Sonst wäre es keine Stadt, sondern eine Kaserne.
Diese Dichte ist unübersichtlich, chaotisch und überbordend, sie erzeugt Widersprüchlichkeit und Ambivalenz (Hartmut Häussermann, Walter Siebel). Sie zwingt daher zum Austausch und Ausgleich von Interessen. Urban ist das ernsthafte Bemühen darum, dies friedlich und fruchtbar zu tun.